Trophäen, es geht um Trophäen
Der Pott ist unbezahlbar
2,5 Millionen Euro zahlt die UEFA dem neuen Champion als Siegprämie, doch an diesem Abend in Istanbul will jeder der Protagonisten erst einmal keinen Batzen Geld, sondern den Pokal in den Händen halten. Keine Banknote kann in der Stunde des Erfolgs dessen Symbolkraft ersetzen. Für den SV Werder als auch für Schachtjor Donezk zählt nur der 15 Kilogramm schwere Pott.
Aus Istanbul berichten Michael Richter und Hans-Günter Klemm
Apropos: Symbol. Als solches erlangte für Werders Einzug ins Endspiel erlangte jene an sich wertlose und von ihrem Besitzer achtlos aufs Spielfeld geworfene Papierkugel erstaunliche Kraft. Beim Halbfinal-Rückspiel war sie bekanntermaßen HSV-Verteidiger Michael Gravgaard in die Quere gekommen und hatte zu jenem Eckball geführt, aus dem die vorentscheidende Bremer 3:1-Führung entsprang. Der Fernsehsender Sat1, der das ominöse Knäuel seinerzeit sichergestellt hatte, versteigert es derzeit im Internet für einen guten Zweck - das Höchstgebot für diese "Trophäe des Bremer Weiterkommens" gegen den Nordrivalen lag am Mittwochmorgen bei stolzen knapp zweieinhalbtausend Euro.
Die Papierkugel von Hamburg hat schon jetzt einen Platz in den Annalen sicher. Die Aussicht, als letzter UEFA-Cup-Sieger in der alten Form Geschichte schreiben zu können, lockt Werders Sportdirektor Klaus Allofs unterdessen eher wenig. "Uns geht es nicht um die Historie, sondern um den Titel."
Ganz scharf speziell auf den prägnanten achteckigen Pott dieses Wettbewerbs dagegen ist Endspielteilnehmer Schachtjor Donezk. Die Bronze-Skulptur der Bremer Stadtmusikanten, die die Werder-Delegation nach gutem Brauch dem Gegner beim vorabendlichen UEFA-Bankett überreichte, kam zwar im Austausch mit dem von den Ukrainern präsentierten Bild einer kunstvoll gestalteten Weltkugel gut an, befriedigte den Hunger der Osteuropäer nach Trophäen aber logischerweise nicht. "Wir würden diesen Pokal als letzter Sieger des Wettbewerbs am liebsten für immer behalten", ließ Schachtjors mächtiger Klubbesitzer Rinat Akhmetov bei der Ankunft am Bosporus wissen.
Mit Geld in Größenordnungen der UEFA-Cup-Siegprämie ist der milliardenschwere Unternehmer kaum mehr zu begeistern, also äußerte er den Wunsch, doch angesichts der anstehenden letzten Ausspielung des UEFA-Cups in seiner bisherigen Form den historischen Pokal ganz und für alle Zeit jenem Verein zu überlassen, der ihn als letzter gewinnt.
Die UEFA bremst Akhmetov aus
Akhmetovs Ansinnen freilich machte die UEFA in Istanbul umgehend einen Strich durch die Rechnung. Während sich in der neuen Saison mit dem Nachfolgewettbewerb "UEFA Europa League" so ziemlich alles im Reglement ändert, bleibt das Objekt der Begierde das alte: Gespielt werden soll auch weiterhin um den 1972 von der Mailänder Firma Bertoni für umgerechnet rund 23 000 Euro geschaffenen UEFA-Pokal. Laut Reglement ginge der Pokal nur dann in den endgültigen Besitz eines Klubs über, wenn dieser ihn entweder dreimal hintereinander oder aber insgesamt fünfmal gewinnen konnte.
Dieses Kunststück schaffte allerdings in der Geschichte des europäischen Vereinsfußballs bisher keiner. Der FC Sevilla (2006 und 2007) und Real Madrid (1985 und 1986, damals im Finale gegen den 1. FC Köln) triumphierten zweimal hintereinander und waren somit nah dran. Juve, Inter und Liverpool gewannen den UEFA-Cup insgesamt schon dreimal, allerdings nicht in Form eines Hattricks, sondern in größeren Abständen, so dass auch sie sich mit dem zufrieden geben mussten, was dem Sieger immerhin stets zugestanden wird: Die Anfertigung eines Duplikats für die heimische Trophäenvitrine - selbstverständlich streng nach Vorschrift des Verbandes. Jede Nachbildung muss das klare Signet "Replikat" enthalten und darf maximal 80 Prozent der Größe des Originals besitzen.
Dieses ist übrigens exakt 15 Kilogramm schwer und hat damit deutlich mehr Gewicht als etwa die deutsche Meisterschale oder der DFB-Pokal. Ein Umstand, der Werders Kapitän Frank Baumann, der die Trophäe am Mittwoch in den Istanbuler Nachthimmel stemmen möchte, Anlass zum Flachsen bot. "Meint Ihr, ich muss noch einmal in den Kraftraum...?", fragte der 33-Jährige schmunzelnd in die Runde.
Baumann: Krönung zum Karrierende?
Doch Baumann beschäftigen rund ums Finale eigentlich ernstere Themen. Die leichten Adduktorenprobleme, die ihn zu Wochenbeginn noch zum Kürzertreten zwangen, sind überwunden. Baumann soll auflaufen - vielleicht zu einem seiner letzten großen Auftritte im Werder-Trikot. Die Anzeichen verdichten sich, dass der Franke, wie Thomas Schaaf als Cheftrainer ebenfalls seit zehn Jahren in Diensten der Bremer, spätestens nach dem DFB-Pokalfinale in Berlin gegen Bayer Leverkusen am Samstag in einer Woche sein Karriere-Ende verkündet.
Möglichst natürlich mit mindestens einer Trophäe in den Händen.