16.12.2004, 12.10 Uhr MEZ (20.10 Uhr OZ), Japan - Deutschland in Yokohama ZDF
19.12.2004, 11.00 Uhr MEZ (19.00 Uhr OZ), Südkorea - Deutschland in Busan ARD
21.12.2004, 12.30 Uhr MEZ (18.30 Uhr OZ), Thailand - Deutschland in Bangkok ARD
Owomoyela winkt das Debüt
Die Aufgeregtheiten des Südgipfels zwischen dem FC Bayern und dem VfB Stuttgart waren beim Treffen der Nationalmannschaft am Sonntagnachmittag in Frankfurt schon kein Thema mehr. "Alles erledigt, Emotionen gehören dazu, wichtig ist, dass man danach wieder zusammenfindet", konstatierte Bundestrainer Jürgen Klinsmann, nachdem sich Kevin Kuranyi noch in München mit Michael Ballack ausgesprochen hatte.
Die beiden Streithähne vom Samstag treffen sich ohnehin erst am Freitag vor dem Spiel gegen Südkorea am Sonntag in Busan wieder, da Kuranyi wie auch Timo Hildebrand, Andreas Hinkel und Philipp Lahm am Mittwoch mit Stuttgart das UEFA-Cup-Spiel gegen Dinamo Zagreb bestreiten und nachreisen werden.
Deshalb und wegen der Absagen der verletzten Torsten Frings, Robert Huth und Frank Baumann muss Klinsmann im Spiel gegen Japan am Donnerstag in Yokohama erneut gewaltig umbauen. Samstag hatte der Bundestrainer den Kaiserslauterer Marco Engelhardt nachnominiert, Sonntag folgte vorsorglich der Bremer Christian Schulz (21). Hintergrund: Christian Pander (Schalke 04), ebenfalls nachbeordert, reiste am Sonntag zwar zum Treffen nach Frankfurt, wo er zu später Stunde von Mannschaftsarzt Dr. Müller-Wohlfahrt untersucht wurde. Pander klagte über muskuläre Probleme im Oberschenkel, bei einer Kernspintomographie wurde dann ein leichter Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule festgestellt. Pander konnte daher die Reise nach Japan nicht antreten.
Da Lahm erst nachreist, herrscht auf der linken Abwehrseite Not. Die Klinsmann nicht dramatisiert. Denkbar, dass deshalb mit einer Dreier-Abwehrkette gespielt wird.
Klar ist, dass Fabian Ernst die Rolle von Torsten Frings ("Torsten kann wegen seiner Rippenprellung kaum atmen, da macht es keinen Sinn, ihn mitzunehmen", so Klinsmann) als Abräumer vor der Abwehr übernehmen wird. Wie schon beim 2:0-Sieg am 9. Oktober im Iran. In Teheran wirkte auch Routinier Christian Wörns mit, der wegen der Verletzung von Robert Huth in die Anfangsformation zurückkehren dürfte. Arne Friedrich darf auf seinen ersten Einsatz in der Klinsmann-Ära hoffen, Patrick Owomoyela sogar auf sein Debüt in der Nationalelf.
Den Charakter der Asienreise mit den Spielen gegen Japan, Südkorea und Thailand (21. 12.) definierte Klinsmann am Sonntag so: "Menschlich eine sehr wichtige Reise, auf der wir viele Gespräche führen werden. Regeneration steht im Mittelpunkt, aber in den Spielen geht es zur Sache. Japan und Südkorea sind schwere Brocken."
In Frankfurt traf Klinsmann am Sonntag seinen Vorgänger Rudi Völler, der am Abend zuvor die Betreuer des Nationalteams zu einem Weihnachts- und seinem (verspäteten) Abschiedsessen eingeladen hatte.
Die voraussichtliche Aufstellung: Kahn (35 Jahre/74 Länderspiele) - Friedrich (25/22), Wörns (32/60), Mertesacker (20/2) - Owomoyela (25/0), Schneider (31/43), Ballack (28/48), Ernst (25/11), Schweinsteiger (20/7) - Klose (26/43), Asamoah (26/22)
Reserve: Jentzsch (Tor, 28/0), Borowski (24/5), Engelhardt (24/0), Brdaric (29/6), Podolski (19/5), Schulz (21/0)
TV: Live im ZDF, Donnerstag, ab 11.35, Anstoß 12.10 Uhr!
Klinsmann im sport1-Interview
Frankfurt/Main - Am Montagmittag hat sich die deutsche Nationalmannschaft vom Frankfurter Flughafen aus auf den Weg zur Asien-Reise gemacht.
Jürgen Klinsmann traf sich mit kräsie Sport1 zum großen Interview.
Darin spricht der 40-Jährige über seine Gründe, Bundestrainer zu werden, seine Konzepte im neuen Amt und sein Ziel, mit Deutschland Weltmeister zu werden.
Sport1: Welche Bedeutung hat die Asien-Reise?
Jürgen Klinsmann: Sportlich ist die Reise deshalb sehr wichtig, weil wir uns als Team einfach weiterentwickeln wollen. Wir können sicherlich nicht sehr intensiv im Trainingsbereich arbeiten. Die Spieler sind in den vergangenen Monaten sehr stark beansprucht worden. Daher werden wir das Pensum reduzieren und viel regenerativ arbeiten.
Sport1: Sind die Länderspiele nur Nebensache?
Klinsmann: Wir nehmen die Spiele sehr, sehr ernst. Die Japaner und Koreaner freuen sich unheimlich auf den Vergleich mit uns und sind hoch motiviert. Daher erwarten wir von unseren Spielern volles Engagement, da spielen die Reisestrapazen oder die Zeitumstellung keine Rolle. Hoffentlich können wir da weitermachen, wo wir gegen Kamerun aufgehört haben.
Sport1: Kann man den Erfolg planen?
Klinsmann: Nein. Wir können nur versuchen, vieles zu optimieren und unsere Hausaufgaben zu machen. Aber letztendlich liegt es wirklich an den Spielern. Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, wenn man sich im Umfeld wohl fühlt und die Chemie in der Mannschaft stimmt, dann gibt man auch auf dem Spielfeld Gas. Daran arbeiten wir auch jetzt in Asien. Aber das ist trotzdem keine Garantie für Erfolg.
Sport1: Mit der Vorgabe, 2006 Weltmeister werden zu wollen, haben Sie Ihre Mannschaft unter großen Druck gesetzt.
Klinsmann: Ja, aber so ein Ziel gibt ja auch unheimlich Antrieb. Ich habe das auch nicht aus heiterem Himmel gesagt, sondern aus der Überzeugung, dass das Potenzial da ist, diese Vorgabe umzusetzen. Otto Rehhagel dient uns da als Vorbild. Er hat uns mit den Griechen bei der EM vorgemacht, dass man mit Leidenschaft und Überzeugung auch die so genannten Großen schlagen kann.
Sport1: Was sprach eigentlich gegen den Job als Bundestrainer?
Klinsmann: Als ich aus New York zurück nach Hause gekommen bin, war nicht die Frage, ob ich das machen will. Das konnte mir meine Frau ansehen. Sondern es ging darum, was ist, wenn ich es nicht mache. Und da hätte ich mir immer vorgehalten, dass ich es nicht angepackt hätte Die Amerikaner nennen das Lifetime-Opportunity. Und mir war klar, dass ich mir die Aufgabe zutraue.
Sport1: Waren Sie erschrocken über manche Reaktionen seit Ihrem Dienstantritt?
Klinsmann: Erschrocken nicht, weil ich ja die Erfahrung von elf Jahren als Nationalspieler hatte. Aber überrascht schon, wie etwa interne Themen öffentlich gemacht werden. Da musst du auf Dinge reagieren, die eigentlich noch zwei Jahre weg sind. Oder auch wer sich da alles zu Wort meldet, aber das zeigt natürlich auch den Stellenwert der Nationalmannschaft, besonders vor der WM im eigenen Land.
Sport1: Wie kam die Entscheidung für das WM-Quartier in Berlin zustande?
Klinsmann: Wir haben seit unserem Dienstantritt darüber diskutiert, was optimal ist und wo wir uns wohl fühlen, auch mit der Mannschaft. Irgendwann wussten wir, es geht in Richtung Metropole, also Hamburg, München oder Berlin. Wobei Berlin von Anfang an ganz oben stand. Und die Führung in diesem Bereich hat dann Oliver Bierhoff übernommen und geschaut, ob alles passt.
Sport1: Wie schwer war die Überzeugungsarbeit für diesen Ortswechsel?
Klinsmann: Das Wichtigste ist, dass wir alles, was wir tun, gut begründen. Und daher war es auch überhaupt kein Problem, das DFB-Präsidium zu überzeugen, weil für alles Argumente hatten. Für die Hinzunahme eines Sportpsychologen ebenso wie für die Änderungen bei der WM-Vorbereitung. Da muss man der DFB-Führung ein Kompliment machen, weil sie von Anfang an mitgezogen hat.
Sport1: Fühlen Sie sich als Sieger im Machtkampf mit der DFB-Führung?
Klinsmann: Nein. Ich habe überhaupt kein Interesse an einem Machtkampf. Mein einziges Interesse ist es, Dinge zu verbessern, wo immer es möglich ist, um 2006 gut aufgestellt zu sein. Bei meinem ersten Gespräch mit dem DFB in New York habe ich ein Konzept vorgelegt, um zu zeigen, dass wir uns öffnen und alles überdenken müssen. Und was gut ist, lassen wir, und was schlecht ist, muss weg.
Sport1: Planen Sie irgendwelche Besonderheiten, so wie bei den letzten Länderspielen?
Klinsmann: Wir arbeiten nicht an irgendwelchen Überraschungen, sondern überlegen, wie wir das Ganze noch optimaler machen können. Speziell für Asien ist nichts geplant, aber wir werden auch dort den Spielern so viel Freiraum wie möglich geben. Wir haben kein Interesse daran, dass die Spieler nach dem Mittagessen bis zum Training drei Stunden auf dem Zimmer liegen. Wenn jemand da Weihnachtsgeschenke kaufen will, kann er das gerne tun.